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Zur Rezension meines Buches über Lully:

Eine Replik auf fehlerhafte und unzutreffende Kritik

von David Lasocki

Zunächst hatte ich mich gefreut, im Windkanal Mirjam Schadendorfs ausführliche, drei Seiten lange Rezension meines Buches über Lully zu entdecken. Meine anfängliche Freude wandelte sich jedoch rasch in Bestürzung, nachdem ich die Kritik gelesen hatte, enthielt sie doch zahlreiche Ungenauigkeiten, unbegründete und merkwürdige Kommentare, Missverständnisse, wichtige Auslassungen und überflüssiges Dozieren.

Ungenauigkeiten:

In der Überschrift der Rezension ist der Titel meines Buches falsch angeführt: »Jean-Baptiste Lully and the Flute: Recorder, Voice Flute and Traverso« anstatt »Jean-Baptiste Lully and the Flûte: Recorder, Voice Flute, and Traverso.« Dies ist ein unglücklicher Irrtum, weil »Flute« im modernen Englisch die Querflöte, niemals aber die Blockflöte bezeichnet. Wie aus dem Untertitel hervorgeht, ist jedoch die Bedeutung des Wortes »flûte« im Französisch des 17. Jahrhunderts Gegenstand des Buches.

Der Einleitungstext der Rezension führt die unvollständige Behauptung an, dass das Buch lediglich Lullys »Ballets de cour« behandele. Tatsächlich aber schließt es ebenso den Bereich seiner weitaus zahlreicheren »tragédies en musique« (Opern), »divertissements« und »comédies-ballets« mit ein. Frau Schadendorf erwähnt diese weiteren Werk-Kategorien in ihrem Artikel mit keinem Wort.

Das Thema meiner Dissertation sind angeblich die »englischen Blockflötisten der Renaissance« – in Wirklichkeit aber geht es darin ebenso um Blockflötisten des Barocks.

»Dazu gibt er in zwei Tabellen einen genauen Überblick über namentlich erwähnte Musiker und das verwendete Instrument. Allerdings findet sich hier für die ersten 20 Jahre hauptsächlich ein U für ›unidentified.‹ Außerdem macht Lasocki keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Bezeichnungen für Flöten. Stattdessen geht er für die gesamte Zeit von 1657 bis 1681 davon aus, dass mit ›flûte‹ oder den variierenden Schreibweisen immer eine Blockflöte gemeint ist. Somit trägt seine Arbeit nichts zu der eingangs gestellten Frage bei.«

 

Wie die Anmerkungen am Ende meiner beiden Tabellen darlegen, identifizieren »F = flûte, F/H = flutes et hautbois lediglich die wahrscheinlich benutzten Holzblasinstrumente«. Keineswegs habe ich die Vermutung angestellt, dass mit »flûte« »immer eine Blockflöte gemeint ist.«

»Anderseits führt er erneut an, dass pastorale Hochzeitsmusiken in der Regel auch mit Blockflöten besetzt wurden. Das von ihm zur Rechtfertigung herangezogene Werk von Edmé Boursoult [sic] ›La metamorphose des yeux de Philis‹ listet jedoch nur ›hautbois, flütes, musettes und andere ländliche Instrumente‹ auf.«

Tatsächlich aber sagte ich, »dass Blockflöten zu jener Zeit als geeignete Instrumente erachtet wurden, um in Musik für ländliche Hochzeiten mit Schäfern Verwendung zu finden, wie Edmé Boursaults ›Pastorale – La metamorphose des yeux de Philis, changez en astres‹ (1665) demonstriert. Er spezifiziert: ›Alle Hirten singen zusammen mit ›hautbois, flûtes, musettes und anderen ländlichen Instrumenten …‹« Man beachte die Formulierung »als geeignet erachtet«. Ich gebe zu, dass ich hätte schreiben können, dass »flûtes« als dazu geeignet erachtet wurden; bislang aber geht kein einziger Wissenschaftler davon aus, dass französische Musiker im Jahr 1665 in öffentlichen Musikaufführungen Traversflöten, geschweige denn Renaissanceflöten zur Verfügung hatten.

Seltsamerweise räumt Frau Schadendorf selbst später ein:

»Wie sich bei der weiteren Untersuchung herausstellen wird, ist die Blockflöte im gesamten Untersuchungszeitraum eng mit dem pastoralen Genre verbunden. Lully setzt sie häufig dann auf der Bühne ein, wenn Hirten und ihre amourösen Verwicklungen eine Rolle spielen!«

Was, bitte, war dann eigentlich der Punkt ihres Einwandes?

 

Jemand anderes hat dazu etwas anderes gesagt, folglich muss ich also falsch liegen:

»Lasocki hält an der immer wieder kursierenden Forschungsmeinung fest, die Hotteterres hätten die Barockflöten entwickelt. Doch wie der genannte Artikel feststellt, gibt es für diese Auffassung nur einen einzigen Beleg.«

Hier stellt Frau Schadendorf den Inhalt eines Lexikonartikels (in geraffter Form) als unumstößliche Tatsache hin, um mir eins auszuwischen. Tatsächlich aber gibt es eine Menge Indizienbeweise dafür, dass die Hotteterres mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sowohl die barocke Block- als auch Traversflöte entwickelt haben, wie ich in meinem in Kürze erscheinenden Buch »The Creation and Dissemination of the Baroque Recorder and Traverso, with Looks at the Cromorne, Oboe, Flageolet, and Bassoon« darlegen werde.

Noch eine weitere Ungenauigkeit:

Keineswegs habe ich behauptet, was sie mir zuschreibt. Zur barocken Blockflöte schreibe ich in meinen Schlussfolgerungen, dass »die Hotteterres vor 1670 insgesamt bereits 38-mal (in Aufführungen von Werken Lullys) in Erscheinung getreten waren, vor jenem Jahr also, in dem die Philidors erstmals mitwirkten. Dies legt die in Wissenschaftskreisen schon lange gehegte Überzeugung nahe, dass die Hotteterres die Erfinder der barocken Blockflöte gewesen sind«. Man beachte meine Formulierung »legt nahe«. Ein dreifaches Hoch auf den Beweis! Über die Traversflöte schreibe ich: »Als Instrumentenmacher scheint Martin Hotteterre besonders mit der Traversflöte verbunden gewesen zu sein. Er könnte derjenige sein, der die (barocke) Traversflöte entwickelt hat …« Man beachte »könnte sein«.         

Missverständnis:

»Im Kapitel ›Lully’s Woodwind Players‹ führt Lasocki den Namen jedes Holzbläsers auf samt aller Informationen, die mit diesem Namen verbunden sind. Dabei lassen sich über die Jahre Bezeichnungsveränderungen erkennen. R. P. Descouteaux etwa wurde 1654 als Spieler von ›hautbois et flûte douce de la chambre‹ geführt, zehn Jahre später als ›hautbois, fluste ordinaire de la chambre.‹« »Auch versäumt es Lasocki, aus seinen Festellungen Schlüsse zu ziehen und sie in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Was bedeutet der Terminuswechsel von ›flûte douce‹ zu ›fluste ordinaire‹? Ist dieser häufiger zu beobachten oder handelt es sich um einen Einzelfall?«

Hier hat Frau Schadendorf nicht verstanden, dass das Adjektiv »ordinaire« sich nicht auf das Instrument, sondern auf die Art der Position eines Hofmusikers bezieht, wie ich in meinem Buch beschreibe: »Descoteaux wird 1664 als ›hautbois et fluste ordinaire de la Chambre‹ bezeichnet. ›Ordinaire‹ bedeutet, dass er kein ›officier‹ war, der eine ›charge‹ (also ein festes Amt) innehatte. Eher war er vorübergehend oder regelmäßig ›unter den üblichen Bedingungen‹ beschäftigt oder wurde mit einem ›brevet‹ (einer Beglaubigung) für seine Beschäftigung belohnt, erhielt Geldzulagen für Nahrungsmittel und Lebensunterhalt, Geschenke und eine Pension. Obwohl dies ein eher informelles Anstellungsverhältnis war, galten diese Berufungen in der Praxis meist unbefristet.« (Seite 3)

Auch ändere ich die Terminologie nicht wirklich. Im Französischen bezeichnet das Wort »flûte« ohne weiteren Zusatz seit dem frühen 15. Jahrhundert im Allgemeinen die Blockflöte und wird von Wissenschaftlern sogar bis zum Ende des 17. Jahrhunderts in diesem Sinne verwendet. Erstmalig erwähnt Mersenne »flûte douce« als Bezeichnung für die Blockflöte im Jahr 1636. Einer der Punkte meines Buches ist besonders, dass »flûte« bei Lully eben nicht selbstverständlich eine Blockflöte bezeichnet. Vielmehr habe ich mich darum bemüht, all seine relevante Musik und Textäußerungen vorurteilsfrei zu untersuchen. Descouteaux gelangte später als Traversflötist zu Ruhm und Ansehen; daraus können wir jedoch keineswegs die Annahme herleiten, dass er bis zum Jahr 1664 von der Blockflöte zur Traversflöte gewechselt hatte.

Wie bedauerlich ist es, ein wissenschaftliches Buch geschrieben zu haben:

»So muss leider bereits an dieser Stelle gesagt werden, dass sein Werk vom wissenschaftlichen Standpunkt nur wenige handfeste Ergebnisse bietet.«

Was ist an einem Buch bedauerlich, das wissenschaftliche Ergebnisse präsentiert? Das Buch ist ganz offen und ungeniert wissenschaftlich. Seine Aufgabe ist es, den Forschungsgegenstand ohne die Längenbeschränkung eines Fachartikels in aller Ausführlichkeit zu behandeln.

»In diesem Sinne ist Lasockis Werk in erster Linie für ausgewiesene Forscher des Fachgebiets von Interesse und auch – dies muss leider gesagt werden – nur für diese einigermaßen leicht lesbar. Alle anderen, und das dürften wohl maximal 99,99 % der Bevölkerung sein, müssen sich mühsam an Lasockis Anhäufung von Quellen, Beobachtungen und Vermutungen entlanghangeln, um auf des Pudels Kern zu stoßen.«

Mein Buch richtet sich an Wissenschaftler, professionelle Blockflötisten und alle, die ernsthaft an der Geschichte der Mitglieder der Flöten-Familie interessiert sind. Mich beunruhigen die anderen »99,99 %« der Bevölkerung nicht, warum sollten sie auch? Sich an »Anhäufung von Quellen, Beobachtungen und Vermutungen entlang(zu)hangeln« ist nötig, um ein derart komplexes Thema zu untersuchen. Lesern, die eine wesentlich konzisere Fassung des Materials einsehen möchten, sei die Lektüre meines deutschsprachigen Artikels »Jean-Baptiste Lully und die Flûte – Blockflöte, Voice Flute und Traverso,« Tibia 4/2019, S. 594–606 empfohlen.

Eine schwache Annahme:

»Dies mag auch der Grund dafür sein, dass es in Deutschland derzeit nur über einen weltweit agierenden Online-Händler oder mit extrem langen Lieferzeiten zu beziehen ist.«

Der Grund dafür, dass mein Buch auf amazon.de angeboten wird (nennen wir ruhig den Namen des Anbieters), ist die Tatsache, dass Amazons Tochterunternehmen KDP mit Print-on-demand auch kleineren Verlagen (wie zum Beispiel meinem eigenen Verlag Instant Harmony) die Möglichkeit bietet, ohne Lagerhaltung Bücher zu vertreiben und direkt zum Kunden zu liefern. Die Lieferzeit kommt dadurch zustande, dass KDP einige Tage benötigt, um das Buch zu drucken. Danach aber hängt die Lieferfrist hauptsächlich von der Versandoption ab, die der Kunde wählt. Ich würde sie jedenfalls nicht als »extrem lang« bezeichnen. Im Übrigen ist das Buch auch als Sofort-Download von meiner Webseite https://davidlasocki.com/store/E-Books-c35798573 erhältlich.

Thema verfehlt:

»Erst in seinem ›Ballet des Arts‹ von 1663 besetzt Lully ausdrücklich ein Blockflöten-Ensemble. Dennoch unternimmt Lasocki den zum Scheitern verurteilten Versuch, in Lullys erstem Ballet ›L’amour malade‹ von 1657, das ihm definitiv zugeschreiben werden kann, nach der Beteiligung von Blockflöten zu suchen.«

Es geht hier darum, dass andere Forscher Mutmaßungen darüber angestellt haben, welche Instrumente bei der Aufführung von »L’amour malade« zum Einsatz gelangt sind, bei der zehn der uns namentlich vom »livret« (dem Libretto und Programm) bekannten Holzbläser der Hofkapelle mitgewirkt haben. Im Rahmen einer wissenschaftlichen Betrachtung müssen solche Annahmen berücksichtigt und genauer untersucht werden.

Merkwürdige Behauptungen:

»Ein großes Problem in der Differenzierung des Begiffes ›flûte‹ ist die Tatsache, dass es in den Holzblaskapellen der Zeit kaum Instrumentalisten gab, die nur ein Instrument spielten. Im Gegensatz etwa zu den ›Violons des Roys,‹ das tatsächlich aus zwölf Geigern bestand, ist es praktisch unmöglich, etwa bei den ›Flûtes de Chambres‹ auf die Besetzung zu schließen. Musiker wie die Hotteterres, Jean Brunet oder Jean Destouches griffen eben mal zu Flûte, zur Hautbois, Musette oder Cromorne.«

Weshalb sollte die »Duplierung«, also auf mehr als einem Instrument spielen zu können, ein »großes Problem« dafür darstellen, die Bedeutung von »flûte« zu bestimmen? Ohne Zweifel spielten die Holzbläser der Hofkapelle mehr als ein Instrument, wofür ich zahlreiche Belege anführe. Eine der Absichten des Buches ist jedoch, darauf hinzudeuten, wann die Traversflöte die Bildfläche betreten hat. Ich weise nach, dass dies schon vor 1681 geschehen sein muss, also bevor Lullys gedruckte Partitur von »Le triomphe de l’Amour« zum ersten und einzigen Mal explizit nach einer Traversflöte (»flûte d’Allemagne«) verlangt. Vielmehr gibt es ebenso 1671 und 1676 Hinweise darauf (siehe S. 69, 71-72, 75). Ich würde hingegen in Betracht ziehen, dass zumindest eine der Schwierigkeiten bei der genaueren Bestimmung von »flûte« darin besteht, dass für das Spiel auf der Traversflöte das Erlernen des Ansatzes sowie des ausdrucksvollen Stils vonnöten war, wie er später von Descouteaux und Philibert beschrieben wird. Jeder Blockflötist oder Oboist, der heute Traversflöte lernen möchte, sieht sich mit einem solchen langwierigen Prozess konfrontiert.

»Gerade das Angebot einer alternativen Ausführung mit ›Flûte d’Allemagne‹ macht deutlich, dass nun die beiden Bezeichnungen zwei unterschiedliche Instrumente meinen. Doch Lasocki versucht stattdessen, einen der wenigen klaren Belege für seine Untersuchungen zu entkräften. Dies macht wenig Sinn.«

Was ich gesagt habe, war Folgendes: »Wie können wir im Allgemeinen Lullys Konzeption von Blockflöten- und Traversomusik unterscheiden? Der einzig sichere Beleg sind die Instrumentalstimmen, die in ›Le triomphe de l’Amour‹ (1681) mit ›Flûtes d’Allemagne‹ bezeichnet sind. Das ›Ritournelle pour Diane‹ steht in g-Moll über einem veränderten Lamento-Bass. Die Oberstimmen haben dabei die folgenden Schlüssel und Tonumfänge: (1) Violinschlüssel, fis1–b2, (2) Violinschlüssel, fis1–g2. Jane Bowers weist darauf hin, dass die Verwendung zweier prominenter es2 in diesem Stück das Vorhandensein einer Dis-Klappe auf der Flöte nahelegt, ein entscheidendes Merkmal des neuen barocken Instruments (zusammen mit der umgekehrt konischen Bohrung und der Dreiteiligkeit). Ich halte dies nur dann für zutreffend, wenn die erwähnte Frage des Stimmungs-Standards geklärt ist. Im berühmten ›Prelude pour l’Amour‹, das in der gleichen Tonart g-Moll mit Blockflöten besetzt ist, erwähnt Lully ›Flûtes d’Allemagne‹ als Besetzungsalternative für ›Tailles‹ (Altblockflöten) in der Oberstimme: Violinschlüssel, g1–b2. G-Moll war seine bevorzugte Blockflöten-Tonart in früheren Werken. Es existieren also in ›Le triomphe de l’Amour‹ in den Traverso-Stimmen weder bezüglich des verwendeten Schlüssels noch des Tonumfangs irgendwelche Merkmale, die sie von Blockflöten-Stimmen unterscheiden würden. Dies erschwert es, in jeglichen Werken Lullys nach 1666, eine genaue Besetzung zuzuweisen … Aber wir wollen weiterhin jede Gelegenheit in Betracht ziehen, auch andere Anhaltspunkte zu berücksichtigen.« Es musste angesprochen werden, dass diese neuen Traverso-Stimmen die gleichen Schlüssel und Tonumfänge wie die früheren Blockflöten-Partien haben.  

»Der Leser erhält den Eindruck, dass Lasocki besonders dann auf argumentativen Abwegen wandelt, wenn ein anderer Autor hier bereits eine These aufgestellt hat. So widerlegt er in obiger Ausführung die Forschungen von Jane Bowers, die bereits vor mehr als 20 Jahren die Nennung der Querflöte in ›Triomphe d[e l]’amour‹ hingewiesen hat.«

Es geht mir nicht so sehr darum, die Arbeit von Jane Bowers, die bereits vor langer Zeit die Aufmerksamkeit auf den Begriff »Flûte d’Allemagne« gelenkt hat, zu »widerlegen«, als vielmehr darum, die Präsenz der Traversflöte als früher anzunehmen.

»Genau so viel Mühe gibt er sich, um die Argumentation von Anthony Rowland-Jones zu entkräften. Dieser hatte 2004 auf eine größere Pause in Lullys Balletproduktion hingewiesen und sie damit erklärt, dass die Hotteterres in der Zeit von 1659 bis 1663 die modernen Barockflöten entwickelten, die Lully sich für das Zusammenspiel mit einem Streicherensemble gewünscht hatte. Auch hier bemüht Lasocki sich, die These seines Kollegen zu entschärfen, indem er aufzeigt, dass die Schaffenspause von Lully um zwei Jahre kürzer war als sie Rowland-Jones verzeichnet. Ein Mehrwert für die Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Frage ergibt sich durch diese Diskussion jedoch nicht. Letztlich fällt diese Arbeitsweise dem Autor selbst wieder auf die Füße, da er nicht nur ungeschickt argumentiert, sondern auch sinnlos Kollegen korrigiert. Das ist unter Wissenschaftlern nur dann gern gesehen, wenn auch wirklich neue Fakten oder Erkenntnisse angeführt werden können.«

Eine Lücke von vier Jahren (Februar 1659–Januar 1663) bei Lullys Verwendung von Blockflöten in seinen Ballets ist ein entscheidender Teil von Rowland-Jones’ originaler Theorie, dass ein Aussetzen vom Orchesterdienst den Hotteterres die zeitliche Möglichkeit gegeben habe, die barocke Blockflöte zu entwickeln. Tatsächlich jedoch hat Lully auch noch 1661 zweimal Blockflöten verwendet. Ergänzend schrieb ich dazu: »Darüber hinaus gibt es eine weitere zweijährige Zeitlücke zwischen dem ›Ballet des Muses‹ (1666) und ›Le carnaval‹ sowie ›La grotte de Versailles‹ (1668). Ich vermute, dass während dieser Jahre eine neue Blockflöten-Größe eingeführt wurde …« Anders gesagt, es gab bei Lullys Verwendung von Blockflöten mehrere zweijährige Pausen, und ich habe meine eigene Theorie zu einer neuen Blockflöten-Größe (der Voice Flute). Im Übrigen unterstütze ich anschließend Rowland-Jones’ zweite Theorie, dass die Barockblockflöte im Jahr 1668 entwickelt wurde. Es ergibt »Sinn«, die Theorien von Kollegen zu erörtern und auf deren Pros und Kontras hinzuweisen.

Frau Schadendorf behagen meine Schlussfolgerungen nicht (vier Seiten). Sie hält sie mehr für eine Kurzdarstellung (eine längere als sie mir je untergekommen ist) und sie rät sogar dem Leser davon ab, sie zu lesen! Des Weiteren schreibt sie:

»Doch statt die terminologische Wandlung, die ja deutlich ablesbar ist, zu beschreiben, zählt Lasocki wieder Flötisten in der höfischen Kapelle und die Erwähnungen von Flöten in Lullys Balletten. Dies ist umso unverständlicher, als die Forschung den Wandel als solches ja bereits bestätigt und auch mit Quellen belegt hat.«

Die einzige terminologische Wandlung, die im Buch belegbar ist (und auch belegt wird), ist, dass Lully 1681 ein einziges Mal eine »Flûte d’Allemagne« spezifiziert. Andernfalls verlangt er einfach eine »flûte« oder eine »flûte douce«, wie es im gesamten Buch diskutiert wird. (Schadendorfs Missverständnis von »ordinaire« wurde bereits oben erwähnt). Wie schon gesagt, schlage ich vor, dass »flûte« bereits in einigen früheren Fällen die Traversflöte bezeichnet haben könnte. Außer einiger weniger erwähnter Anlässe »spezifiziert Lully nicht, welche Größen oder Typen von ›flûtes‹ er im Sinne hatte. Dies kann man nur aus den Schlüsseln, Tonumfängen und Tonarten schließen. Das Buch enthält in Zusammenfassung jene wohlbegründeten Vermutungen in Tabelle 5«.

Wichtige Auslassungen:

Wie im Titel erwähnt, beinhaltet mein Buch den ersten seriösen Versuch, den Ursprung des Instruments, das wir als »Voice flute« kennen, zu untersuchen. Interessierte Leser können dazu meinen Artikel »Die Voice Flute und ihre Herkunft,« Tibia 3/2017, S. 483–500, heranziehen. Mein Buch erörtert ebenso, welche Art von »flûte« Lully zum Spiel der Basslinie im Blockflöten-Consort vorgesehen hat. Ich komme zum Schluss, dass dies manchmal eine Bassblockflöte war (bzw. eine Großbass-Blockflöte, die eine Oktave höher als notiert klingt), manchmal aber auch eine andere Art von tiefem Holzblasinstrument gewesen sein kann. Frau Schadendorf erwähnt diese wichtigen Themen jedoch mit keinem Wort.

 

Schließlich verwirft sie kurzerhand noch ein weiteres Buch von mir:

»NB Ähnliches gilt für den Band ›Marc-Antoine Charpentier and the Flûte: Recorder or Traverso‹, den der Autor bereits 2015 publiziert und im Jahr 2017 [recte 2018] noch einmal bearbeitet hat.«

Unparteiische Rezensionen dieses Buches kann man in den folgenden Publikationen lesen: Newsletter of the American Musical Instrument Society 46, Nr. 1–2 (2017), S. 19–20 (Autorin ist die Charpentier-Forscherin Shirley Thompson); American Recorder 58, Nr. 1 (Frühjahr 2017), S. 28 (von Scott Paterson); sowie in Tibia 3/2019, S. 540–541 (von Michael Schneider). Das Buch wurde zunächst als PDF-Version auf meiner Webseite veröffentlicht und erschien anschließend (auch) in gedruckter Form bei amazon.de

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